"Martin Panteleev überzeugt mit Auftritt in Betenbrunner Kirche. Er meistert anspruchsvolle Stücke mit Leichtigkeit.
Heiligenberg – Wer es wegen des Schneetreibens nicht in die Betenbrunner Kirche geschafft hat, dem ist eine musikalische Sternstunde entgangen. Denn was der Violinist Martin Panteleev in einer gut einstündigen Performance da bot, war Geigenkunst von ei- nem anderen Weihnachtsstern. Zu „einer musikalischen Reise durch die Zeit“ war eingeladen, die freilich das ICE-Tempo bevorzugte und zunächst nur an einigen barocken Hauptbahnhöfen namens Bach und Vivaldi Halt machte. In seiner Partita Nr. 2 in d-Moll entrollt Bach einen Musterkatalog an Phrasierungs und Grifftechniken, aus dem Panteleev die einleitende Allemanda und die berühmte Ciaconna vorstellte, einen bis heute in seiner atemberaubenden Dramatik und rhythmischen Vielfalt kaum je wieder erreichten Variationensatz, den Panteleev ungeachtet aller aberwitzigen Schwierigkeit fast leichthin zu genießen wusste.
Nur ein paar Jahre jünger sind Vivaldis „Jahreszeiten“, als programm- musikalisches Bilderspektakel wohl das populärste Werk des Venezianers. Nachdem man als Zuhörer den ersten Schreck überwunden hatte, nämlich die konzertierende Violine gewisser- maßen nackt, also ohne den obligaten Streichermantel der Originalpartitur zu erblicken, mochte man der Panteleev- Adaption für Solovioline gerne folgen, die auch die Tutti-Passagen mittels akrobatischem Mehrsaiten-Einsatz glaub- würdig einfing.
Panteleev moderierte die Stücke seines Programms mit kurzen, exemplarischen Anspielern. Der Flageolett-Schmelz von Jules Massenets „Méditation“-Ohrwurm kam ihm „zur Erholung“ von den barocken Polyfo- nie-Gebirgen gerade recht. Zum Ab- schluss gab es eine Eigenkomposition, die ihre Verwandtschaft mit barocker Diktion ebenso wenig verbergen wollte wie mit der volksmusikalisch-bulgarischen Herkunft des Geigers. Als Zugabe folgte ein Schmankerl aus Bachs Parti- ta Nr.3. Dem Verein Musik und Kultur ist zu gratulieren, dass es gelang, einen auch als Dirigenten international arrivierten Künstler wie Martin Panteleev ins verschneite Betenbrunn zu locken."
VON HARTMUT FERENSCHILD, SÜDKURIER NR. 281 | UE DIENSTAG, 5. DEZEMBER 2023